„Magnificat anima mea Dominum“ (dt. „Meine Seele preist den Herrn“) –
mit diesen Worten beginnt der Lobgesang Mariens.
Wir finden diesen Lobgesang im Lukas Evangelium (Lk 1,46-55),
welcher nach seinem Eingangswort benannt ist.
Inhalt
Maria besucht wenige Tage nach der Verkündigung durch den Erzengel Gabriel ihre Cousine Elisabeth.
Elisabeth ist ebenfalls schwanger und erwartet einen Sohn, Johannes den Täufer.
Dieses Treffen der beiden Frauen wird auch Mariä Heimsuchung genannt.
Auf den prophetischen Willkommensgruß von Elisabeth antwortet Maria mit einem Hymnus im Stil der Psalmen.
Maria preist in ihrem Lied Gott als den, der sich ihr und allen Geringen, Machtlosen und Hungernden zuwendet, um sie aufzurichten.
Die Mächtigen, Reichen und Hochmütigen stürzt er von ihren Thronen.
Maria gehörte selbst zu den unteren Volksschichten, niedrig und einflusslos, obwohl sie mit einem Mann aus dem Hause David verlobt war.
Das Magnifikat ist die längste wörtliche Rede Marias im Neuen Testament.
Text des Magnifikats:
Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut.
Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind.
Er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
Interpretationen
Das Magnifikat ist nur im Lukas Evangelium enthalten.
Der Evangelist Lukas hat sich am meisten für die Ausgegrenzten interessiert und thematisiert dies gleich am Anfang des Evangeliums.
Moderne Deutungen unterstreichen gern die Stärke Marias und den „revolutionären“ Aspekt ihres Liedes.
Dietrich Bonhoeffer bezeichnet das Magnifikat als „das leidenschaftlichste, wildeste, ja fast revolutionärste Adventslied, das je gesungen wurde!
Wir sehen nicht die sanfte, zärtliche und verträumte Maria, welche man auf Bildern sehen kann,
sondern es ist eine leidenschaftliche, hingerissene, stolze und begeisterte Maria.“
Das Magnifikat in der Liturgie
Das Magnifikat zählt zu den Grundtexten des Christentums.
In der Ostkirche ist es im Stundengebet Teil des Morgengebetes, in der Westkirche der Höhepunkt der abendlichen Vesper.
Das Magnifikat wird in der Vesper wie die Psalmen und die anderen Cantica mit einer Doxologie, dem „Ehre sei dem Vater“, abgeschlossen.
Das Magnifikat gehört schwerpunktmäßig in die Adventzeit und wird in dieser Zeit dabei von der Gemeinde sowohl als liturgisches Gebet gesprochen als auch in Form von Liedern gesungen.
Im Gotteslob findet man das Magnifikat unter folgenden Nummern: 395 und 984.
Das Magnifikat ist auch das Evangelium für das Fest Mariä Heimsuchung am 2. Juli.
Das Magnifikat in der Musik
Hörprobe eines Magnificats im Rahmen eines Evensongs:
"Song of Mary - A metrical setting of the Magnificat" von Richard Shepard